Medien beobachten, Mechanismen verstehen

Medien, Zeitung, Medienbeobachtung

Die Menschen in Deutschland interessieren sich laut einer Studie immer weniger für Nachrichten. In einem Seminar mit Onlinejournalismus-Studierenden der Hochschule Darmstadt aus dem 1. Semester haben wir uns über knapp vier Monate intensiv verschiedene Medien angesehen. Dabei haben wir Hinweise auf die Gründe für die wachsende Nachrichtenmüdigkeit gefunden – aber auch darüber hinaus interessante Erkenntnisse gewonnen.

Ausgangspunkt

Nur noch 52 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland sagen, dass sie großes Interesse an Nachrichten haben, wie aus dem „Reuters Institute Digital News Report 2023“ hervorgeht. Im Jahr 2014 lag dieser Wert noch bei 81 Prozent. 2022 waren es immerhin noch 57 Prozent. Doch was sind die Gründe dafür?

Wir haben das „Darmstädter Echo“ mit seiner überregionalen, aber auch mit seiner regionalen Berichterstattung in den Blick genommen. Als öffentlich-rechtliches Online-Medium haben wir uns den Deutschlandfunk genauer angesehen. Und schließlich haben wir uns noch mit der ARD-Sportschau befasst als einem Medium, das nur ein Segment des Nachrichtengeschehens abbildet.

Anhand eines umfassenden Fragenkatalogs haben wir herausgearbeitet, wie Themen in den drei Medien formal und inhaltlich aufbereitet werden. Wie entwickelt ein Medium seine Berichterstattung? Was ist gut? Was könnte besser gemacht werden?

Ziel war zum einen, am Ende womöglich ein bisschen besser zu verstehen, wieso bei vielen Menschen Nachrichtenmüdigkeit herrscht. Darüber hinaus liefert aber jede Auseinandersetzung mit Medien Anregungen, wie Journalistinnen und Journalisten selbst Themen so anpacken können, dass sie für Menschen interessant werden.

Ergebnisse

Lokale Themen interessieren auch junge Menschen. Das kam in der Auseinandersetzung mit dem „Darmstädter Echo“ für einige der Teilnehmenden durchaus überraschend, weil viele von ihnen bereits in Haushalten ohne Tageszeitung aufgewachsen sind. Interesse weckten nicht nur vermeintlich junge Themen oder Veranstaltungen. Auch ein Wasserturm oder die Geschichte einer Metzger- und Schausteller-Familie stießen auf reges Interesse. Grundsätzlich wurde die lokale Berichterstattung als tendenziell eher positiv wahrgenommen. „Das Lesen hat Spaß gemacht“, hieß es im Rückblick unter anderem.

Papier ist bei der jungen Leserschaft out. Die Bereitschaft, für den Bezug einer gedruckten Tageszeitung Geld auszugeben, geht in der Altersgruppe der Studierenden gegen null. „Print hat es schwer, mich abzuholen“, hieß es da exemplarisch. Die Social-Media-Angebote des „Darmstädter Echos“ wurden kaum wahrgenommen, wobei sie allerdings auch nicht Kern der Beobachtung waren. Doch als ursprüngliches Print-Medium steckt die Zeitung in der Schublade „altmodisch“ und hatte es schwer, die Studierenden über andere Kanäle zu erreichen.

Internationale Nachrichten werden überwiegend als negativ wahrgenommen. Während des Seminars dominierten die großen Konflikte in Nahost und in der Ukraine die überregionale Berichterstattung. „Das Negative überwiegt“ und „Ich kann da eh nichts machen“, waren da Eindrücke bei den Teilnehmenden. Das betraf sowohl das „Darmstädter Echo“ aus Politik und als auch den Deutschlandfunk. Hierin wurde auch ein möglicher Grund für die Nachrichtenmüdigkeit erkannt.

Öffentlich-rechtliche Medien wirken oft redundant. Das galt sowohl für den Deutschlandfunk wie auch für die ARD-„Sportschau“. In der Masse des Angebots fehlte es den Teilnehmenden oft an Struktur, viele Informationen seien doppelt gewesen, Beiträge hätten sich überschnitten, das Angebot sei nicht immer gut aufeinander abgestimmt. Beim Deutschlandfunk kam auch die Kritik, dass das Angebot insgesamt etwas altbacken wirke.

Der Sport ist besser als sein Ruf. Bei der Einteilung der Gruppen zur Beobachtung der drei Medien wurde abgezählt. Das hatte zur Folge, dass einige Teilnehmende sich mit der ARD-„Sportschau“ beschäftigen mussten, obwohl sie Sport zuvor nicht interessiert hatten. Als sie sich jedoch auf das Thema (zwangsweise) eingelassen hatten, erklärten alle, dass sie aus der Beschäftigung positive Dinge mitgenommen hätten. Gelobt wurden dabei die vielen (Social-Media-)Kanäle, die die „Sportschau“ bespielt (trotz der Kritik der Unübersichtlichkeit). Ebenso gab es Lob, dass Themen aufgegriffen wurden, die auch gesellschaftliche Aspekte des Sports betrafen.

Scheinbar bewährte Textformen erscheinen in anderem Licht. Mit der Erfahrung aus einigen Berufsjahren scheinen manche Dinge logisch und werden nicht mehr hinterfragt. Doch interessierte Menschen zu Beginn ihrer Berufslaufbahn nehmen solche Dinge mit unverstelltem Blick manchmal ganz anders wahr. Ein Beispiel war das weit verbreitete Format „Fragen und Antworten“ (Q&A). Im konkreten Fall handelte wurde das Format zum Thema Migration mit einem Bild von Innenministerin Nancy Faser verwindet. Das Stück wurde als „Fake-Interview“ mit Faser wahrgenommen wurde. Der Einwand war berechtigt, denn nirgends im Text gab es eine einordnende Formulierung wie „Im Folgenden die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema“.

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